Flughäfen üben seit jeher eine große Anziehungskraft auf Menschen aus. Dies folgt aus ihrem Charakter als Orte der Ankunft und vor allem des Abflugs, als Vermittlungsinstanz zwischen dem Lebensmittelpunkt und den fernen Sehnsuchtsorten: Sie sind Brücken in andere Länder. Flughäfen haben in den letzten Jahrzehnten erheblich dazu beigetragen, dass die Welt jeden Tag ein Stück näher zusammengerückt ist. Während bis in die 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts hinein das Fliegen als eine elitäre Art des Reisens galt, sitzt heutzutage ein Großteil der Deutschen mindestens einmal jährlich im Flieger.
Die größere Nachfrage sorgte unter anderem dafür, dass sich die Gestalt der Flughäfen innerhalb kurzer Zeit deutlich veränderte. Wer heute einen modernen Flughafen-Komplex betritt, findet einen multifunktionalen Mikrokosmos vor, der so vielfältig ist, dass man meinen könnte, das Fliegen sei längst zur Nebensache geworden: Shopping Malls, Restaurants, Kinderunterhaltung, selbst Supermärkte, die bis 24.00 Uhr geöffnet sind, nehmen inzwischen deutlich mehr Raum ein als die Schalter, die für die Abwicklung der Flüge notwendig sind.
Warum uns Flughäfen so sehr in den Bann ziehen
An keinem Ort treffen so viele unterschiedliche Menschen verschiedener Kulturen und Nationen zusammen, wie an einem Flughafen. Fernweh und Heimweh vermischen sich mit dem Duft der weiten Welt und die Möglichkeit, in weniger als 24 Stunden am anderen Ende der Erde zu sein, ist nur einen Boardingpass weit entfernt. Flughäfen haben für die meisten Menschen auch etwas Faszinierendes, weil sie symbolisieren, dass der Mensch den uralten Traum vom Fliegen tatsächlich wahr machen konnte. Und so steht jeder Flughafen und jedes Flugzeug noch immer für den großen Triumph über die Natur.
Auch wenn sich die Rolle und das Erscheinungsbild der Flughäfen in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt haben, ist an manchen Orten noch immer etwas von jener Magie zu spüren, die wohl die Passagiere der 50er und 60er-Jahre empfunden haben mussten. Wer sich damals einen Flug leisten konnte, galt als kosmopolitisch und weltgewandt. Und das Fliegen selbst fühlte sich wie ein glamouröses, stilvolles Abenteuer an, auf das sich mindestens genauso gefreut wurde, wie die Zeit im fernen Land.
Architektur des Flughafens
Wo einst ein kleines Gebäude ausreichte, das nicht größer war als der Bahnhof einer mittelgroßen Stadt, brauchte es mit steigendem Passagieraufkommen neue Architekturkonzepte. Spätestens ab den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts war klar: Statt hübscher Bauten mit kunstvoll angelegten Start- und Landebahnen müssen Gebäude entwickelt werden, die modern, funktional, sicher und bei Bedarf erweiterbar sind. Statt irgendwo auf dem freien Feld zu stehen, brauchen Flughäfen zudem einen vernünftigen Anschluss an die Infrastruktur. Auch wenn sich die Designer und Architekten zu Beginn der Flughafen-Ära alle Mühe gaben: schnell zeigte sich, dass technologische Neuerungen und Fortschritte in der Sicherheitstechnik dem Wunsch nach Gestaltungsfreiheit entgegenstanden. Der 1974 eröffnete Flughafen Dallas Fort/Worth beispielweise, der als Meisterstück der Neuerung galt, erwies sich nach wenigen Jahren als technisch veraltet und hoffnungslos überfüllt. Sich von der Ästhetik zu verabschieden und auf Funktionalität zu setzen, muss eine der härtesten Lektionen für die damaligen Architekten gewesen sein.
Heute sind die meisten Flughäfen festungsähnliche Wirtschaftsstandorte aus Glas, Stahl und Beton. Terminals, Gates und Abflughallen machen nur noch einen kleinen Teil des Komplexes aus. Weil dort täglich viele Tausend Menschen durchgeschleust werden müssen, hat sich der Einzug von Geschäften, Restaurants, Business-Zentren, Dienstleistungsanbietern und Freizeitbetrieben als überaus profitabel erwiesen. Der Flughafen Singapur erzielt beispielweise 70 Prozent seiner Einnahmen alleine aus Ladenmieten. Da immer mehr Fluglinien das kostenlose Essen an Bord gestrichen haben, ist auch die Bedeutung von gastronomischen Einrichtungen gestiegen.
Manchmal muss man sich auch außergewöhnliche Lösungen einfallen lassen, wie zum Beispiel beim Flughafen Gibraltar. Da auf dem gerade mal 6,5 Quadratkilometer kleinen Staatsgebiet ohnehin kaum Platz ist, musste man einen Kompromiss finden: Weil kein Land mehr übrig war , auf dem man eine eigene Start- und Landebahn hätte bauen können, beschloss man, zu nutzen, was schon da war: Die Schnellstraße. Bis zu acht Mal am Tag müssen Autofahrer den großen Jumbojets Vorfahrt gewähren. Das sorgt natürlich regelmäßig für Stau und schlechte Luft.
Flughäfen der Zukunft und wohin die Reise geht
Bei so manchem Architektur-Ästheten mag die Entwicklung der Flughäfen nostalgische Wehmut auslösen. Die Zeiten des entspannten Jet-Set-Glamours, der sich einst in eleganten Hallen abspielte, sind lange vorbei. Stattdessen zwingen einen die immer strenger und zeitaufwendiger werdenden Hochsicherheitsvorkehrungen dazu, sich zwischen Stahl und Beton stundenlang in Shoppingmeilen und Fastfood-Restaurants aufzuhalten. Und trotzdem: Das Lebensgefühl von damals, sei es durch Filme, Werbung und oder auch Erinnerungen wachgehalten, ist immer noch in den Köpfen präsent. Daran können auch die Städten ähnelnden Megaports, die momentan unter anderem in China entstehen und jährlich über 100 Millionen Menschen in die Welt hinaus befördern sollen, (noch) nichts ändern.
Weil sich im Zuge der die sinkenden Flugpreise immer mehr Menschen einen Flug leisten können, geraten selbst die modernen Flughäfen an den Rand ihrer Kapazitäten. Die Luftfahrt ist ein Kommunikationsmittel geworden, der Flughafen hat längst „die Funktion eines mittelalterlichen Markplatzes übernommen“, wie der britische Städtebau-Theoretiker Deyan Dudjic anmerkte. Experten gehen davon aus, dass sich das Passagieraufkommen in den nächsten Jahren verdoppeln wird. Um das stemmen zu können, gibt es Pläne, die Flughäfen der Zukunft nach dem „Drive-Through-Modell“ zu gestalten. Ähnlich wie bei Fastfood-Ketten sollen sämtliche Vorgänge fließbandartig und somit zeit- und platzsparend abgewickelt werden.
Andere Modelle liebäugeln mit dem Gegenteil: Wellness-Einrichtungen, Golfplätze oder Kunstaustellungen sollen die langen Wartezeiten versüßen und sogar für Erholung sorgen. „Aerovilles“ heißen die Konzepte, die eher an ein eigenes Urlaubsziel als an einen Flughafen erinnern.
Auch architektonisch will man sich wieder mehr Mühe geben. Für den Flughafen in Denver beauftragte man Architekten wie C.W. Fentress mit der Planung. Diese wollten wieder ein „stolzes Tor zur Welt“ erschaffen und keine unübersichtliche Halle. Mit einem Flughafen, dessen weißes Dach an die schneebedeckten Gipfel der Rocky Mountains erinnert, ist ihnen das zweifellos gelungen.