Größere Flughäfen, verschärfte Sicherheitsmaßnahmen, mehr Reisende: In den letzten 50 Jahren hat sich die Flugindustrie deutlich gewandelt. In den Reisebüros der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts wählten die Kunden ihre Flüge noch aus dicken Büchern. Die Ticketpreise waren, gemessen am durchschnittlichen Einkommen, enorm hoch. Ein Flug von Deutschland nach Kanada kostete pro Person umgerechnet etwa 160 Euro, was im Jahr 1960 vielfach die Hälfte des monatlichen Einkommens ausmachte.
Auf ein Visum mussten die Reisenden mitunter ein halbes Jahr warten. Sicherheitschecks gab es an den Flughäfen kaum. Dafür war der Check-In im Vergleich zu heutigen Standards unkomplizierter. In ihren Outfits sahen die sehr freundlichen Stewardessen (heute: Flugbegleiterinnen) wie Models aus. Die Tickets für Kinder (Erstgeborene) kosteten damals umgerechnet rund 15 Euro. Spezielles Essen für die Kleinen gab es noch nicht. Auch die Erwachsenen mussten nehmen, was serviert wurde.
Essen gegen Flugangst
Die Speisen waren Erzählungen zufolge aber sehr gut und wurden zunächst nicht wegen der Sättigung, sondern eher als Ablenkung gegen Flugangst angeboten. Anfang der Siebziger Jahre gab es nach dem Nachtmahl klassischerweise einen Film. Anschließend wurden die Fenster geschlossen und die Gäste mussten schlafen. Beschwert hatte sich darüber niemand. Es gab ja keine Alternativen. Der Wunsch nach Luxus kam erst viele Jahre später auf.
Flugzeugessen früher: Von luxuriösen Speisen hin zu überteuerten Snacks
Am 11. Oktober 1919 gab es in einem Flugzeug (Handley-Page-Flug), das von London nach Paris flog, die erste Bordverpflegung. Zu einem Preis von umgerechnet ca. 5 Euro-Cent konnten sich die Fluggäste eine eigene Lunchbox, bestehend aus Obst und Sandwiches, zusammenstellen.
Die späten 1930er Jahre: Erste elektrisch beheizte Miniküchen wurden eingebaut
Im Jahr 1936 installierte die Fluggesellschaft United Airlines die ersten Küchen an Bord ihrer Flugzeuge und bot den Passagieren fortan warme Speisen an. Eine weitere Entwicklung der Flugdienstleistungen wurde dann jedoch durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen.
Die 1950er Jahre: Kaviar und Silberbesteck – Genuss im Flieger
In den 1950er Jahren, die als „Goldenes Zeitalter der Passagierluftfahrt“ oder Wirtschaftswunder-Zeit beschrieben werden, waren die Tische an Bord der Flugzeuge schließlich mit Tischdecken belegt und die Passagiere genossen ihre feinen, luxuriösen Speisen mit silbernem Essbesteck. Die US-Firma Lockheed setzte mit der Super Constellation in Sachen Luxus Maßstäbe. Die komfortabel ausgestattete Vier-Propeller-Maschine legte in der Stunde 550 Kilometer zurück, hatte verstellbare, schaumstoffgepolsterte Sessel und besaß sogar eine Druckausgleichs- und Klimaanlage.
An Speisen wurden unter anderem angeboten:
- kanadischer geräucherter Lachs mit Sahnemeerrettich,
- frischer Maine-Hummer,
- Beluga-Kaviar,
- brasilianische Palmherzen,
- Kalbssteak (nature),
- Rehrücken mit Wacholder,
- Brie,
- Schafskäse,
- Mandarinen,
- Pralinen oder
- Cognac.
Die 1960er Jahre: Die IATA-Mitglieder bekamen billige Konkurrenz
Bis zum Ende der 1950er Jahre waren die meisten Fluggesellschaften Mitglieder der Internationalen Luftverkehrsvereinigung IATA. Diese schrieb die Ticketpreise bis zu diesem Zeitpunkt vor. So kostete ein Flug von Düsseldorf nach New York mit der Super Constellation zum Beispiel 6.000 Mark. Durch die Festpreise wurden Komfort und Service gefördert, was Passagiere anlocken und Markteintrittsbarrieren schaffen sollte. Doch im Laufe der 1960er Jahre traten immer mehr Fluggesellschaften in den Wettbewerb ein, die die IATA-Mitglieder preislich unterboten.
Die 1970er Jahre: Sinkende Ticketpreise, Service und Essen wurden zweitrangig
In den 1970er Jahren sanken mit der Einführung der Jumbo-Jets die Preise für Flugreisen weiterhin. In der Regel wählten die Passagiere ihre Flüge nun nach den günstigsten Preisen aus. Service und gutes Essen wurden zweitrangig. Das Prinzip des „Billigfliegens“ wurde von Southwest Airlines im Jahr 1971 fest verankert. Zugleich veränderte sich das Angebot an Speisen. Das Essen an Bord wurde fettiger, salziger und stärker gewürzt. Zum einen war es so zum Wiederaufwärmen besser geeignet. Zum anderen nahmen die Fluggäste den Geschmack besser wahr, denn die Geschmackssinne verändern sich bei dem niedrigen Druck, der im Flugzeug üblich ist.
Etablierung der Billigflug-Airlines: Bordverpflegung kostet extra
Was in den 1970er Jahren begann, setzte sich in den folgenden Jahrzehnten als Trend fort. Die Tickets wurden günstiger, die Speisen teurer. Bis heute steht vor allem die im Jahr 1985 gegründete Billigflug-Airline Ryanair in Sachen Verpflegung in der Kritik. Bei der bekannten Fluglinie kostet den Fluggast eine Tasse Kaffee rund 3 Euro. Für belegte Brötchen verlangt Ryanair mehr als 5 Euro.
Doch den Erfolg der Billigfluggesellschaften schmälerte dies alles nicht. Allein Ryanair zählt heute jährlich mehr als 65 Millionen Fluggäste. Nach der Jahrtausendwende führte der starke Wettbewerbsdruck dazu, dass viele Gesellschaften in finanzielle Schwierigkeiten gerieten. Warme Mahlzeiten wurden durch Softdrinks und Snacks (Erdnüsse, Salzstangen) ersetzt. Wenn Speisen angeboten wurden, dann ebenfalls zu überhöhten Preisen und in schlechter Qualität. Immer wieder war in den Medien von labberigen Sandwiches sowie viel zu fettigen Salaten und verkochten Nudeln die Rede.
Flugzeugessen heute: Neue Konzepte für hochklassige, vielseitige Bordverpflegung
Nun soll das, was es schon einmal gab, erneut eingeführt werden. Viele Airlines arbeiten an einem effizienteren Management und entwickeln Konzepte, um künftig wieder höherwertiges Flugzeugessen anbieten zu können. Schließlich geht es mehr denn je darum, Kunden zu gewinnen und zu halten – ein Konzept, das mit der Einführung der Flugklassen bereits funktioniert hat. Die Fluggesellschaften arbeiten deshalb mit 3-Sterne-Restaurants und prominenten Chefköchen wie Joël Robuchon (Air France), Carlo Cracco (Singapore Airlines) und Heston Blumenthal (British Airways) zusammen. Silberbesteck wird es aber wohl nicht mehr geben. Denn seit dem Terroranschlag vom 11. September 2001 geben viele Airlines aus Sicherheitsgründen, zumindest in der Economy Class, nur noch Plastikbesteck an die Passagiere aus.
Neuer Trend: Internationale Speisen, Spirituosen und Sondermahlzeiten
Neben klassischen und landestypischen Gerichten bieten viele Fluglinien heute internationale Gerichte an. Besonders beliebt ist die mediterrane Küche, die es in vielen europäischen Airlines gibt. Und Speisen für Vegetarier und Veganer gehören bereits auf vielen Linien zum Standard. Individuelle Angebote und Abwechslung sind unter den Fluggästen gefragt.
Auf längeren Strecken bieten die Airlines ihren Passagieren wahre Gaumenfreuden an. In der First Class und Business Class gibt es bei Emirates iranischen Kaviar. Singapore Airlines tischt auf Flügen nach Japan traditionelle japanische Gerichte auf, und bei der Lufthansa gibt es neben Rostbratwurst mit Kartoffelpüree in den höheren Klassen auch mal Kalbsgeschnetzeltes mit Knöpfli. Wein zählt mittlerweile zum Standard-Angebot vieler Airlines.
Zusätzlich gibt es Sondermahlzeiten für bestimmte Religionsgruppen, zum Beispiel Halal für Muslime oder Koscher für Juden. Es gibt ferner Asiatisch-vegetarisch (pflanzliche Quellen, keine Tier- und Meeresprodukte), aber auch Diätmahlzeiten, Kindergerichte sowie gluten- und laktosefreie Produkte. Inzwischen werden je nach Fluggesellschaft bis zu 100 Sondergerichte angeboten.
Passagiere können Menüs online selbst zusammenstellen
Zudem haben die Gäste verschiedener Airlines heute die Möglichkeit, das Bordessen vorab online zu bestellen. Bei der Billigflug-Airline Air Baltic können die Passagiere zum Beispiel aus 20 verschiedenen Speisen und Getränken eigene Gerichte zusammenstellen. Die Preise für die Hauptgerichte und Salate liegen zwischen 5 und 12 Euro.
Andere Airlines, wie die benannte Billigfluglinie Ryanair, beharren jedoch auf überholten Konzepten und verlangen für Speisen und Getränke oftmals Preise, die 600 bis 800 Prozent teurer sind als in Supermärkten. Die Kunden sind hier nicht selten in der Zwickmühle, da sie aufgrund der scharfen Sicherheitsbestimmungen nicht einmal eine Flasche Wasser mit 0,5 Liter Inhalt mit an Bord nehmen dürfen. Für eine Erfrischung über den Wolken müssen die Gäste dann über 3 Euro bezahlen.
Nach wie vor gibt es in der Flugbranche also einen kräftigen Wettbewerb. Es bleibt wie so oft abzuwarten, wie sich die Prioritäten der Fluggäste künftig entwickeln werden.